Westfälische Bucht

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Westfälische Bucht
Systematik nach Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands
Großregion 1. Ordnung Norddeutsches Tiefland
Großregion 3. Ordnung 54 →
Westfälische Bucht
Geographische Lage
Koordinaten 51° 57′ 47″ N, 7° 37′ 43″ OKoordinaten: 51° 57′ 47″ N, 7° 37′ 43″ O
Der Südwesten des Norddeutschen Tieflandes mit der Westfälischen Bucht (54)
Der Südwesten des Norddeutschen Tieflandes mit der Westfälischen Bucht (54)
Der Südwesten des Norddeutschen Tieflandes mit der Westfälischen Bucht (54)
Bundesland Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen
Staat Deutschland

Die Westfälische Bucht, auch Münsterländer oder Westfälische Tieflands- oder Flachlandsbucht, ist eine flache Landschaft, die sich im Wesentlichen in Westfalen befindet und nur zu sehr geringen Teilen in Nordrhein (äußerster Südwesten) und Niedersachsen (Randgebiete im Norden) liegt. Sie ist, nach der Niederrheinischen Bucht und zusammen mit dem sich westlich anschließenden Niederrheinischen Tiefland, der zweitsüdlichste Teil der Norddeutschen Tiefebene in Westdeutschland.

Die Westfälische Bucht besteht aus den einzelnen Teilen des Münsterlandes, dem sich im westlichen Süden anschließenden Emscherland sowie, noch südlicher, den das Sauerland flankierenden Gebieten rund um den Hellweg.

Naturräumlich stellt die Westfälische Bucht eine Haupteinheitengruppe dar und wird im Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands mit der Kennzahl 54, im System des BfN in gleichen Grenzen mit D34 klassifiziert. Abweichend von der naturräumlichen Umgrenzung und Gliederung kann die Bucht auch auf verschiedene andere Weisen geomorphologisch interpretiert und begrenzt werden, insbesondere durch Eisrandlagen der Kaltzeiten.

Naturräumliche Gliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Haupteinheitengruppe Westfälische Bucht gliedert sich naturräumlich wie folgt in Haupteinheiten (dreistellig):[1][2]

Lage und Grenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Charakter einer Bucht liegt in der Westfälischen Bucht darin, dass sie nach Nordosten bis Osten durch Teile des Niedersächsischen Berglandes und nach Süden durch den Norden des Süderberglandes unmittelbar durch Mittelgebirge abgegrenzt wird, die die Bucht um mehrere hundert Meter überragen.

Die Grenzlinie des Naturraumes verläuft im Uhrzeigersinn, beginnend im Norden, von Rheine ausgehend nach Südosten entlang der Südkante des Teutoburger Waldes von südwestlich Osnabrücks über (knapp) südwestlich Bielefelds bis zur Nahtstelle des Teutoburger Waldes zum Eggegebirge. Ab hier verläuft die Grenze zur der Egge vorgelagerten Paderborner Hochfläche nach Südsüdwesten über Paderborn und Büren.

Ab östlich Rüthens verläuft die Grenze zum Nordsauerländer Oberland (inklusive Arnsberger Wald) in westliche Richtung, passiert unmittelbar südlich des Haarstranges den Möhnesee und verläuft südlich des Hellwegs dann an der Nahtstelle zum Niedersauerland bis südlich Dortmunds, von wo aus der Verlauf nach Westen weiter nördlich des Ardeygebirges und sich anschließender Teile des Niederbergisch-Märkischen Hügellandes über den Süden Bochums und Essens an den Ruhrhöhen bis zu einer Anhöhe (164,7 m) nördlich von Kettwig und unmittelbar vor Mülheim geht.

Von östlich Mülheims verläuft die nunmehr nach Norden verlaufende, landschaftlich unauffällige Grenze zum Niederrheinischen Tiefland über Bottrop, Dorsten, Borken und schließlich, entlang der Grenze zu den Niederlanden, nach Gronau.[3]

Rein geomorphologisch verläuft die Südwestgrenze zur flacheren Rheinebene noch etwas westlicher: So schließen sich die Niederrheinischen Sandplatten (Haupteinheit 578) mit Oberhausen, Hünxe und Bocholt ohne spürbare Höhenstufe westlich an das Westmünsterland an und fallen erst zu Issel- (576) und Mittlerer Niederrheinebene (575) merklich nach Westen ab. In ähnlicher Weise ist die Paderborner Hochfläche (Haupteinheit 362) im südlichen Osten geomorphologisch bis zu einem gewissen Grad ein natürlicher Teil der Bucht, die erst vom Eggekamm scharf begrenzt wird. An ihr stehen ähnliche Gesteine an wie am deutlich schmaleren Haarstrang, der sie nach Westen verlängert. Andererseits sind die Täler der Hochfläche, die von dem Flusssystem der Alme gebildet werden, deutlich eingetieft und unterscheiden sich merklich von den breiten und weniger tiefen Tälern des Münsterlandes. Ihr Übergang zu Obermöhne- und Almewald (334.6), Briloner Hochfläche (334.7) und Fürstenberger Wald (334.8) als Teile des Nordsauerländer Oberlandes (Haupteinheit 334) nach Süden verläuft ohne nennenswerte Höhenstufe.

Städte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Größte Städte der Westfälischen Bucht sind im Südwesten die Großstädte des mittleren und östlichen Ruhrgebietes nördlich der Ruhr sowie die Städte Münster im Zentrum, Gütersloh und Paderborn in östlicher Randlage. Demgegenüber liegt von Bielefeld nur ein kleiner Teil des Südens (Brackwede, Senne, Sennestadt) im Norden der Bucht, während die Kernstadt durch den Kamm des Teutoburger Waldes abgetrennt wird.

Die einwohnerstärksten Städte der Westfälischen Bucht sind (in Klammern die Einwohnerzahlen in Tausenden, Stand: 31. Dezember 2017):

Flüsse[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bedeutende Flusssysteme sind im Münsterland das Flusssystem der Lippe, die Oberläufe des Systems der IJssel mit Issel, Bocholter Aa, Schlinge, Berkel und Ahauser Aa, das System der Dinkel und das des Oberlaufs ihres Vorfluters Vechte, das System der oberen Ems sowie, im Emscherland, das der namensgebenden Emscher.

Rechte Zuflüsse der Möhne und des Ruhrunterlaufs spielen im äußersten Süden, am Hellweg, eine eher geringfügige Rolle.

Höhenzüge und Inselberge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Münsterland liegen einige größere Höhenzüge und diverse Inselberge. Am Südrand hingegen liegen im Ostteil der Haarstrang und im Westen ein paar Fernableger des Rheinischen Schiefergebirges sowie Löss- und Schotteranhöhen. Nachfolgend werden, deklariertermaßen, auch ein paar noch gerade nicht im Naturraum liegende Höhenzüge aufgelistet. Die Höhenzüge sind nach ihrer Höhe über NHN geordnet, nach einem Gedankenstrich wird der jeweilige Naturraum angegeben; alle aufgeführten Erhebungen sind auch in der Reliefkarte eingezeichnet:

Begriffsdeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der gelegentlich synonym für die Westfälische Bucht verwendete Begriff Münsterländische Bucht charakterisiert, dass ein Großteil der tiefgelegenen Ebenenfläche vom mittleren und östlichen Münsterland eingenommen wird, ist also als pars pro toto zu verstehen.

Die Verwendung der Bezeichnung „Bucht“ verweist auf die geologische Entstehung dieser halb von Mittelgebirgszügen umschlossenen Landschaft, sie bildete einmal eine Meeresbucht des Kreidemeeres, deren Form heute noch in der Topografie abzulesen ist.

Bewohner[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Mehrheit der Einwohner der Westfälischen Bucht lebt in der südlichen Randzone, im Bereich des historischen Westfälischen Hellwegs, insbesondere im nördlichen Ruhrgebiet.

Paläontologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An verschiedenen Stellen in der Westfälischen Bucht hat man in kreidezeitlichen Schichten des Untergrundes Riesenammoniten gefunden, etwa beim U-Bahn-Bau in Dortmund. Diese Kopffüßer mit einem Schalendurchmesser von mehr als zwei Metern sind die größten bekannten Evertebraten.

Die Westfälische Bucht im engeren und im Weiteren Sinne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Relief der Westfälischen Bucht; in Schwarz Naturraumgrenzen (inkl. Niederrheinische Sandplatten, 578), in Braun die Westgrenze der Haupteinheitengruppe 54 (in Grün die Grenze von der Oberkreide zur Unterkreide), in Rot Grenzen der Bucht im engeren Sinne und in Blau Grenzen der Bucht im weitesten bzw. glazialen Sinne

Aus deutscher Sicht erscheint es sinnvoll, die Westfälische Bucht so zu definieren, dass sie in etwa dem Nordteil Westfalens entspricht, und sie nach Nordwesten an der niederländischen Grenze enden zu lassen. Ebenso erscheint es aus naturräumlicher Sicht sinnvoll, etwa die Paderborner Hochfläche bereits zum Niedersächsischen Bergland auszugrenzen. Es sind indes auch andere Umgrenzungen interpretierbar. Feste und scharfe Außengrenzen der Bucht sind aber in jedem Falle der Kamm des Teutoburger Waldes im Nordosten sowie die von Haarstrang, Ardeygebirge und Ruhrhöhen im Süden.

Naturräumliche Großregion Westfälische Bucht[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Westgrenze der naturräumlichen Großregion 54 entspricht weitgehend der genetischen Westgrenze der Oberkreide bzw., im Norden, der der Unterkreide zu Gesteinen des Oligozän. Oberkreide steht fast in der gesamten Bucht sowie auf der Paderborner Hochfläche an. In der Karte 1:1.000.000 des Handbuchs der naturräumlichen Gliederung Deutschlands von 1960 wird diese Grenze auch in den Niederlanden angedeutet bzw. kehrt nordwestlich von Ahaus für kurz nach Deutschland zurück.[1] In der Verfeinerung 1:200.000 auf Blatt 83/84 Osnabrück/Bentheim der selben Autorin, die auch im Handbuch für die Gruppe zuständig war (Sofie Meisel), die 1961 erschienen ist, endet sie indes an der niederländischen Grenze westlich Bad Bentheims[4] und kehrt im Blattbereich nicht zurück. Im südlichen Anschlussblatt Blatt 95/96 Kleve/Wesel (Wilhelm von Kürten 1977) ist sie ebenfalls auf der niederländischen Seite nicht eingezeichnet und beginnt auf deutscher zwischen Winterswijk und Borken.[5]

Das Kernmünsterland (Haupteinheit 541) zieht sich von den Baumbergen und dem Schöppinger Rücken sowie dem Altenberger Rücken, der sich von Burgsteinfurt nach Münster zieht, nach Südosten zu den Lipper Höhen und den Beckumer Bergen nebst Ostabdachung und nimmt nominell auch das Tal der Lippe von zwischen Olfen und Datteln flussaufwärts bis Benninghausen im Westen des Stadtgebiets von Lippstadt ein. Nordöstlich und östlich davon liegt das Ostmünsterland (540) an Ems und oberer Lippe, nordwestlich bis westlich davon das Westmünsterland (544), das im Südosten die Höhenzüge der Halterner Berge enthält und im Süden das Tal der Lippe bis zum Westen von Dorsten.

Im lössreichen Süden der Bucht reichen die Hellwegbörden (542) von Paderborn im Osten bis zum Westen Dortmunds im Westen sowie in der Witten-Hörder Mulde bis Witten und unmittelbar vor das Tal der Ruhr. Westlich davon verteilt sich der Süden der Bucht auf zwei Haupteinheiten, nämlich das Emscherland (543) mit dem Vestischen Höhenrücken und dem Tal der Emscher von Dortmund bis Oberhausen im Norden und den weniger flachwelligen Naturraum Westenhellweg (545) unmittelbar nördlich des Ruhrtals zwischen Witten und Mülheim, in dem auch die Städte Bochum und Essen liegen.

Die Westfälische Bucht im engsten Sinne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zwischen dem nordwestlichen Kammende des Teutoburger Waldes und dem Westende des Rheinischen Schiefergebirges ist die Bucht durch diverse Höhenzüge abgeriegelt, zwischen denen jedoch flachwellige Schneiden mit Flussläufen stehen und die sich im Zickzack einander anschließen:

Die Westfälische Bucht im weitesten bzw. glazialen Sinne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

schematische Darstellung der jeweils maximalen Gletschervorstöße der drei letzten Kaltzeiten im norddeutschen Tiefland:
  • Eisrandlage der Weichsel-Kaltzeit
  • Eisrandlage der Saale-Kaltzeit
  • Eisrandlage der Elster-Kaltzeit
  • In der Elster-Kaltzeit, der ältesten der Kaltzeiten, war das Norddeutsche Tiefland vergletschert, die Westfälische Bucht jedoch nicht. Erst in der Saale-Kaltzeit erreichten die Gletscher die komplette Bucht, in deren Drenthe-Stadium blieb sie allerdings unvergletschert. In diesem bildete die sich nordwestlich ans Wiehengebirge anschließende Ankumer Höhe (bis 142 m) zusammen mit den ihr im Osten spiegelbildlich gegenüberstehenden Dammer Bergen (bis 146 m) und der sie nach Westen verlängernden Lingener Höhe (bis 91 m) eine Eisrandlage (Endmoräne). In der über längere Zeit stabilen, fast maximalen Ausdehnung der Saale-Kaltzeit breitete sich hingegen das Eis bis in die komplette Bucht und westlich davon bis zu den Endmoränen der Veluwe (bis 110 m) westlich Apeldoorns im Westen und des Niederrheinischen Höhenzugs zwischen Nijmegen und Krefeld im Südwesten aus. Die Differenz beider Eisrandlagen definiert eine Westfälische Bucht „im weiteren Sinne“, die zu etwa einem Drittel ihrer Fläche in den Niederlanden liegt.

    Während in der Abgrenzung der Bucht „im engsten Sinne“ die Verriegelungslinie senkrecht zu den scharfen Randhöhenzügen verläuft, wird durch Höhenzüge, die das dem Teutoburger Wald nordöstlich parallele Wiehengebirge nach Nordwesten, dann nach Westen verlängern, eine deutlich größere, aber nach Nordwesten deutlich unschärfer abgegrenzte Bucht definiert. Nordöstlich von Rheine schließt sich zunächst eine flachwellige Landschaft an, die erst durch die Ankumer Höhe verriegelt wird, auf die Westen weitere Höhenzüge folgen:

    Zum westlichen Norden hin ist die erweiterte Westfälische Bucht nur lückenhaft verriegelt, zum nördlichen Westen hin durch die Veluwe aber ohne nennenswerte Unterbrechungen, nach Südwesten an den Niederrheinischen Höhen mit leichten Lücken.

    Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    Commons: Westfälische Bucht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

    1. a b Emil Meynen, Josef Schmithüsen (Hrsg.): Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Bundesanstalt für Landeskunde, Remagen/Bad Godesberg 1953–1962 (9 Lieferungen in 8 Büchern, aktualisierte Karte 1:1.000.000 mit Haupteinheiten 1960).
    2. Bundesamt für Naturschutz: Naturräumliche Haupteinheiten Deutschlands@1@2Vorlage:Toter Link/www.bfn.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 1,22 MB)
    3. Karten und Daten des Bundesamtes für Naturschutz (Hinweise) – Kartendienst „Schutzgebiete“ macht die Grenzen der Haupteinheitengruppe („Naturräume“) und der Haupteinheiten einblendbar, der etwas gröbere Kartendienst „Landschaften“ unterteilt die Naturräume noch etwas feiner.
    4. Sofie Meisel: Geographische Landesaufnahme: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 83/84 Osnabrück/Bentheim. Bundesanstalt für Landeskunde, Bad Godesberg 1961. → Online-Karte (PDF; 6,4 MB)
    5. Wilhelm von Kürten: Geographische Landesaufnahme: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 95/96 Kleve/Wesel. Bundesanstalt für Landeskunde, Bad Godesberg 1977. → Online-Karte (PDF; 6,9 MB)