Niederschlesien

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Wappen Niederschlesiens
Wappen Niederschlesiens
(19. Jahrhundert)
Karte von Niederschlesien von Jonas Scultetus (1645)
Unterrichtungstafel „Niederschlesien“ an der A 4

Niederschlesien (schlesisch: Niederschläsing; polnisch: Dolny Śląsk) ist der nordwestliche Teil der Region Schlesien. Es erstreckt sich um den Mittellauf der Oder. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts bis 1742 war es ein Nebenland der Krone Böhmen. Nach dem Übergang an Preußen 1742 gehörte es ab 1815 zur Provinz Schlesien, die 1919 geteilt wurde. Danach bildete es die Provinz Niederschlesien. Als Folge des Zweiten Weltkriegs fiel es 1945 überwiegend, zusammen mit dem größten Teil Schlesiens, an Polen. Dieser größere Teil Niederschlesiens bildet heute die Woiwodschaft Niederschlesien. Der kleinere, bei Deutschland verbliebene Oberlausitzer Teil, gehört seit 1945 wieder zu Sachsen. Breslau war die Hauptstadt der historischen Herzogtümer in Schlesien, der preußischen Provinz und der zwischenzeitlich existierenden Woiwodschaft Breslau. Heute ist es Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die preußische Provinz Niederschlesien im Februar 1945 von der Roten Armee besetzt und kurz darauf unter polnische Verwaltung gestellt. Soweit die Bewohner nicht aus den Städten und Dörfern geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit vertrieben und neue polnische Bewohner besiedelten die Region.

Die Vertreibungen erfolgten in dem östlich der Neiße gelegenen Teil Niederschlesiens. Im deutsch-polnischen Grenzvertrag von 1990 wurde in diesem Zusammenhang ein Gewaltverzicht vereinbart. Bei der Neugliederung der Woiwodschaften 1999 wurden die historischen Grenzen Niederschlesiens teilweise wieder berücksichtigt.

Der polnische Teil Niederschlesiens ist hauptsächlich in die Woiwodschaften Niederschlesien und Oppeln unterteilt, kleine Teile gehören zur Woiwodschaft Lebus.

Niederschlesien entwickelt sich wirtschaftlich positiv, besonders erfolgreich ist Breslau. Die Stadt und ihre Umgebung zählen zu den beliebtesten Investitionsstandorten Polens. In Breslau entstand ein neuer internationaler Terminal des Nikolaus-Kopernikus-Flughafens, der 2012 in Betrieb genommen wurde.

Der deutsche Teil der ehemaligen Provinz Niederschlesien ist heute nach mehreren Kreisgebietsreformen auf die sächsischen Landkreise Bautzen und Görlitz sowie auf den brandenburgischen Landkreis Oberspreewald-Lausitz verteilt.

Kromlau, Jämlitz und Tschernitz gehörten über Jahrhunderte hinweg zum Herzogtum Sagan und waren schlesische Exklaven in der Lausitz, bis sie nach 1815 bei einer Grenzbereinigung in die Provinz Brandenburg umgegliedert wurden. Noch länger, nämlich bis 1945, gehörte Pechern – in einem über die Neiße reichenden Zipfel des Herzogtums Sagan – zu Schlesien.

Bedeutende Städte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Breslau
Deutscher Name Polnischer Name Schlesischer Name Einwohner
(2012)
Beuthen an der Oder Bytom Odrzański Beuthn on derr Auder 4.437
Breslau Wrocław Brassel/Gruß Brassel 631.377
Bunzlau Bolesławiec Bunzel 39.992
Frankenstein Ząbkowice Śląskie Franksteen 15.904
Glatz Kłodzko Glootz/Glooz/Gloatz 28.517
Glogau Głogów Glauge 69.127
Goldberg in Schlesien Złotoryja Gulprich 16.447
Görlitz Zgorzelec Gerltz 56.391
Görlitz Zgorzelec Gerltz 32.332
Grünberg in Schlesien Zielona Góra Grienberg 119.182
Guhrau Góra Guhre 12.509
Hirschberg im Riesengebirge Jelenia Góra Herschbrig/Herschbrich 83.097
Jauer Jawor Jauer 24.150
Landeshut in Schlesien Kamienna Góra Landshut 20.448
Lauban Lubań Laubn 22.194
Liegnitz Legnica Liegnz 102.708
Lüben Lubin Liebn 74.886
Löwenberg Lwówek Śląski Lamrich 9.364
Militsch Milicz Militsch 11.931
Neumarkt in Schlesien Środa Śląska Neumorkt/Neumoarkt 9.239
Oels Oleśnica Oels 37.237
Ohlau Oława Ohle 32.022
Primkenau Przemków Primkenau 8.555
Polkwitz Polkowice Polkwitz 22.730
Reichenbach im Eulengebirge Dzierżoniów Reichenboch 34.704
Sagan Żagań Sagan 26.188
Schweidnitz Świdnica Schweinz 60.023
Sprottau Szprotawa Sprottau 21.164
Strehlen Strzelin Strahla 12.589
Trebnitz Trzebnica Trepnitz 12.727
Waldenburg Wałbrzych Walmbrig/Walmbrich 119.216
Wohlau Wołów Wohle 12.605
Zobten am Berge Sobótka Zota 7.027

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Polnischer Anteil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die traditionelle Verkehrsachse Niederschlesiens ist die Oder sowie parallel zu ihr verlaufende Straßen. Viele Städte sind historisch an Stellen entstanden, an denen die Oder überquert werden konnte. Von Westen nach Osten verlief außerdem die Via Regia. In Nord-Süd-Richtung wird das Gebiet von der alten Bernsteinstraße durchquert. 1846 wurde die Niederschlesisch-Märkische Eisenbahn erbaut, die Berlin mit Breslau verband. Im Jahr 1847 wurde Görlitz aus Richtung Osten von Breslau-Kohlfurt her erreicht, wodurch eine durchgehende Verbindung von Breslau nach Dresden entstand. Die gebirgigen Regionen in Südschlesien wurden durch die Schlesische Gebirgsbahn erschlossen, im Norden wurden durch die Breslau-Schweidnitz-Freiburger Eisenbahn-Gesellschaft bedeutende Verbindungen geschaffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gewannen die Verbindungen ins polnische Kernland wie beispielsweise über Łódź oder alternativ über Posen nach Warschau sowie die Verbindung Breslau-Stettin an Bedeutung. Daneben bestehen Autobahnen und Schnellstraßen wie die A4, A8 und A18. In Zielona Góra-Babimost (Grünberg-Bomst) und Breslau bestehen Flughäfen.

Deutscher Anteil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zentrum des bei Deutschland verbliebenen Teils ist Görlitz, wo die Bundesautobahn 4 die Neiße überquert. 1847 wurde die Bahnstrecke Dresden–Görlitz eröffnet. Der Bahnhof Görlitz wird von Eisenbahnverbindungen aus Berlin, Dresden und Zittau sowie von Verbindungen aus Richtung Polen erreicht. Der im Nordwesten des ehemals niederschlesischen Zipfels gelegene Bahnhof Ruhland an der von 1841 bis 1847 entstandenen anhaltisch-niederschlesischen Magistrale Magdeburg—Breslau ist heute sowohl ein Drehkreuz des südbrandenburgischen Regionalverkehrs zur mittleren Ober- und Niederlausitz und der Region Dresden als auch ein wichtiges Nadelöhr im internationalen Güterverkehr zwischen Ost- und Westeuropa und zugleich der Werksanschlussbahnhof für die BASF Schwarzheide.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Robert Semple: Observations made on a tour from Hamburg through Berlin, Gorlitz, and Breslau, to Silberberg; and thence to Gottenburg. London 1814 (Digitalisat).
  • Joseph Partsch: Schlesien. Eine Landeskunde für das deutsche Volk. Verlag Ferdinand Hirt, Breslau
  • Ernst Bahr, Kurt König: Niederschlesien unter polnischer Verwaltung. Metzner, Frankfurt/Main 1967.
  • Karl Martin Born: Regionen in Europa und der Fall Schlesien. In: Europa regional, Bd. 6. Leibniz-Institut für Länderkunde, Leipzig 1998, Heft 3, S. 23–33.
  • Friedhelm Pelzer: Polen (= Wissenschaftliche Länderkunden, Band 36). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991.
  • Sebastian Siebel-Achenbach: Niederschlesien 1942 bis 1949. Alliierte Diplomatie und Nachkriegswirklichheit. Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Würzburg 2006, ISBN 3-87057-274-4.
  • Paweł Zimniak: Niederschlesien als Erinnerungsraum nach 1945. Literarische Fallstudien. Neisse-Verlag, Dresden 2007, ISBN 978-3-934038-97-4.
  • Lucyna Harc et al.: Cuius Regio? Ideological and Territorial Cohesion of the Historical Region of Silesia (c. 1000–2000). Wydawnictwo eBooki.com.pl, Wrocław [Band 3 noch nicht erschienen]
  • Adrienne Bier: Und auf einmal mussten wir weg. Erleben und Erinnern von Flucht und Vertreibung aus Niederschlesien 1945. Turris Verlag, Cochem 2018, ISBN 978-3-9817144-4-9.