Michaeliskloster (Rostock)

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Michaeliskloster (Westseite)
Michaeliskloster (Ostseite)

Das Michaeliskloster in Rostock war ein Fraterhaus der Brüder vom gemeinsamen Leben und beherbergte eine bedeutende Druckerei des ausgehenden Mittelalters, die als die älteste Mecklenburgs und zweitälteste Norddeutschlands gilt.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Knapp 20 Jahre nach ihrer Ankunft in Rostock im Jahre 1462 begannen die Brüder vom gemeinsamen Leben um 1480 mit dem Bau eines Hauses. Das Gebäude in der heute so genannten Altbettelmönchstraße vereinigte Wohn- und Arbeitsräume mit der dem Heiligen Michael geweihten Klosterkapelle unter einem Dach. Zu der Anlage gehörten acht Buden auf der nördlichen Seite, die spätestens zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges verschwanden.

Die Brüder nannten sich Fratres Domus Horti Viridis ad S. Michaelem, also die Brüder des Hauses vom Grünen Garten bei St. Michael. Dazu passt auch der ursprüngliche Straßenname Im Grünen Wege.

Ab 1475 richteten die Fraterherren die erste Buchdruckerei in Rostock ein, in der auch Johann Snell einige Jahre sein Handwerk lernte. Rostock ist damit nach Lübeck der zweitälteste Druckort in Norddeutschland und der älteste Druckort in Mecklenburg-Vorpommern. Die Frage, ob die Brüder auch, wie früher angenommen, die Betreiber einer bedeutenden Rostocker Buchbinderei waren, deren Einbände, die sich durch charakteristische Stempel auszeichnen, in vielen Bibliotheken rund um die Ostsee nachweisbar sind, ist umstritten und wird heute eher verneint.[1]

1529 kam es zu einer Auseinandersetzung mit dem Herzog Heinrich V., als die Brüder eine Ausgabe des Neuen Testaments von Hieronymus Emser drucken wollten, der Herzog dies aber auf Drängen Martin Luthers untersagte.[2] 1531 stellte die Druckerei ihren Betrieb ein.

Nach der Auflösung des Fraterhauses Ende August 1534 im Zuge der Reformation[3] wurde das Gebäude unterschiedlich genutzt. Zunächst wohnten im Michaeliskloster Studenten der Universität Rostock, später diente es der Stadt Rostock als Zeughaus, Wollmagazin und Getreidelager. Sogar ein Umspannwerk war um 1900 hier untergebracht.

Heutige Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ende April 1942 brannte das Michaeliskloster bei einem britischen Bombenangriff vollständig aus und war seitdem eine Ruine. Der Ostteil wurde bereits in den 1950er Jahren wiederhergestellt und der Evangelisch-methodistischen Kirche übertragen, die hier ihr Gemeindezentrum einrichtete.

Der Westflügel erhielt erst 1994 sein historisches Äußeres zurück. Heute nutzt die Universitätsbibliothek Rostock diesen Bereich des Michaelisklosters für ihre Sondersammlungen und die Fachbibliothek Theologie und Philosophie.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Nilüfer Krüger: Die Rostocker Brüder vom Gemeinsamen Leben zu Sankt Michael. Hommage zur baulichen Vollendung des ehemaligen Michaelisklosters im Herbst 1999. Universitätsbibliothek Rostock, Rostock 1999 (Veröffentlichungen der Universität Rostock 127, ISSN 0232-2811).
  • Nilüfer Krüger: 525 Jahre Buchdruck in Rostock. Die Druckerei der Brüder vom Gemeinsamen Leben. Universitätsbibliothek Rostock, Rostock 2001 (Veröffentlichungen der Universität Rostock 132).
  • Nilüfer Krüger: Von der Klosterdruckerei zur wissenschaftlichen Bibliothek. Das Michaeliskloster der Brüder vom Gemeinsamen Leben in Rostock. Universitätsbibliothek Rostock, Rostock 2004 (Veröffentlichungen der Universität Rostock 134).
  • Georg Christian Friedrich Lisch: Buchdruckerei der Brüder vom gemeinsamen Leben zu St. Michael in Rostock. In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 4, 1839, ISSN 0259-7772, S. 1–62, Volltext.
  • Carl Meltz: Die Drucke der Michaelisbrüder zu Rostock 1476 bis 1530. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock. Reihe 5: Mathematisch-naturwissenschaftliche Reihe. Sonderheft, 1955/56, ZDB-ID 242538-5, S. 229–262.
  • Ernst Münch, Ralf Mulsow: Das alte Rostock und seine Straßen, S. 179-180. Redieck & Schade, Rostock 2006, ISBN 3-934116-57-4

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Siehe dazu Nilüfer Krüger: Die Inkunabeln der Universitätsbibliothek Rostock. Mit den Inkunabeln der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin und der Kirchenbibliothek Friedland. (Kataloge der Universitätsbibliothek Rostock 2) Wiesbaden: Harrassowitz 2003. Noch Ursula Altmann: Der Rostocker Einband. In: Bibliothek und Wissenschaft 29 (1996), S. 212–228; U. A.: Bucheinbände mit Schließen-Exlibris aus Rostock. In: Einbandstudien. FS Ilse Schunke. Berlin 1972, S. 21–37, war von einer Buchbinderwerkstatt der Brüder ausgegangen
  2. Brief Martin Luthers (Memento des Originals vom 16. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.kulturwerte-mv.de im Landeshauptarchiv Schwerin, Digitalisat und Transkription
  3. Ingo Ulpts: Die Bettelorden in Mecklenburg. Werl 1995, S. 372.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Michaeliskloster (Rostock) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 54° 5′ 13,7″ N, 12° 8′ 10,9″ O