Gorch Fock (Schriftsteller)

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Gorch Fock 1916
Elternhaus von Gorch Fock in Hamburg-Finkenwerder
Gedenktafel vor dem Elternhaus Gorch Focks
Das Grab Gorch Focks auf der Insel Stensholmen
Gorch Fock auf einem Notgeldschein aus Altenwerder & Finkenwerder, von 1921.

Gorch Fock (* 22. August 1880 in Finkenwerder; † 31. Mai 1916 in der Seeschlacht am Skagerrak; eigentlich Johann Wilhelm Kinau) war ein deutscher Schriftsteller. 1917 wurde das Vorpostenboot Gorch Fock nach ihm benannt, später zwei Segelschulschiffe der deutschen Marine, die 1933 gebaute Gorch Fock und die 1958 gebaute Gorch Fock. Weitere Pseudonyme des Autors sind Jakob Holst und Giorgio Focco.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Wilhelm Kinau wurde als erstes von sechs Kindern des Hochseefischers Heinrich Wilhelm Kinau und dessen Ehefrau Metta, geb. Holst, auf dem Hamburger Teil der damaligen Elbinsel Finkenwerder geboren. Er hatte zwei Brüder, Jakob Kinau und Rudolf Kinau, die als plattdeutsche Autoren und Heimatdichter eigene Bedeutung gewonnen haben.

Johann Wilhelm Kinau ging auch in Finkenwerder zur Schule.[1] Nachdem er auf der ersten Ausfahrt mit seinem als Hochseefischer arbeitenden Vater seekrank geworden war,[2] begann er 1895 eine kaufmännische Lehre bei seinem Onkel August Kinau in Geestemünde (heute Teil Bremerhavens). 1897 bis 1898 absolvierte er die Handelsschule in Bremerhaven. Seit 1899 hatte er jeweils kurzzeitig verschiedene Stellen als Buchhalter[2] und Kontorist in Meiningen, Bremen und Halle (Saale) inne. Seine zahlreichen Besuche des Hoftheaters in Meiningen inspirierten ihn dabei zur Schriftstellerei.[1] 1904 kehrte er nach Hamburg zurück und arbeitete bei der Zentraleinkaufsgesellschaft deutscher Kolonialwarenhändler,[3] bis er 1907 Buchhalter bei der Hamburg-Amerika-Linie wurde.

Seit 1904 veröffentlichte er zahlreiche meist in seiner Muttersprache, einem finkenwerderischen Plattdeutsch, verfasste Gedichte und Erzählungen unter den Pseudonymen Gorch Fock, Jakob Holst und Giorgio Focco, die in den Hamburger Zeitungen erschienen. Der Vorname Gorch ist demzufolge eine lokaltypische Abwandlung von Georg. Fock ist einer Linie von großelterlichen Vorfahren entlehnt.[2]

1908 heiratete er Rosa Elisabeth Reich, mit der er drei Kinder hatte. Seine Muse und Seelengefährtin wurde während der schriftstellerischen Jahre hingegen die Schauspielerin Aline Bußmann.

1913 erschien sein bekanntestes Werk, der hochdeutsche Roman mit plattdeutschem Dialog Seefahrt ist not!, ein teilweise autobiographisch geprägter Heimatroman mit heroisierenden Zügen. Die verborgene Abhängigkeit von Leitmotiven aus dem Schimmelreiter von Theodor Storm wurde von Robert Wohlleben aufgezeigt. Ab 1914 veröffentlichte er plattdeutsche Kriegsgedichte, die sich hauptsächlich gegen den Kriegsgegner England wendeten.[4]

Im Ersten Weltkrieg wurde Gorch Fock zum 1. April 1915 eingezogen und erhielt in Bremen im Hanseatischen Infanterie-Regiment Nr. 75 seine militärische Grundausbildung. Mitte Juli wurde er zum brandenburgischen Reserve-Infanterie-Regiment 207 versetzt und kämpfte als Infanterist in Serbien und Russland, später dann bei Verdun.[5] Im März 1916 kam er auf eigenen Wunsch vom Heer zur Marine und tat Dienst als Ausguck auf dem vorderen Mast des Kleinen Kreuzers Wiesbaden. In der Seeschlacht am Skagerrak ging er mit dem Kreuzer unter. Seine Leiche wurde auf der schwedischen Insel Väderöbod vor Fjällbacka (nördlich von Göteborg) an Land getrieben und am 2. Juli 1916 auf der nahegelegenen unbewohnten Insel Stensholmen auf einem kleinen Soldatenfriedhof beigesetzt. Dort ruhen weitere deutsche und britische Seeleute. Auf seinem Grab befindet sich ein Anker. Sein Grabstein trägt seinen Namen, seine Lebensdaten und den Titel seines Buches Seefahrt ist not! (58° 34′ 32,7″ N, 11° 16′ 28,6″ OKoordinaten: 58° 34′ 32,7″ N, 11° 16′ 28,6″ O).[6][7][8]

Nachwirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gorch Focks Nachlassverwalterin Aline Bußmann und sein Cousin Hinrich Wriede sollen ihre eigenen Beiträge zu Gorch Fock in einem Ton verfasst haben, der auf dessen „Verherrlichung“ abzielte.[9][10] Sie wirkten auch an der späteren Vereinnahmung seiner Werke durch die Nationalsozialisten mit.[11] Hinrich Wriede soll Gorch Fock in seiner Erinnerung im Gedenkbuch Gorch Fock und seine Heimat, von Deich und Dünung 1937 als „Held des 1. Weltkrieges“ und zum „Wegbereiter des Nationalsozialismus“ stilisiert haben.[12] Aline Bußmann gab laut Dirk Hempel bereits 1918 in der Herausgabe von Sterne überm Meer die Leitmotive der postumen Rezeption des Schriftstellers vor: „Begeisterung für die See, Kriegs- und Heldenmythos, vermeintlich germanische, nordische und typisch deutsche Züge.“ Gerade Motive wie „Heimat“ und „Kampf“ machten Gorch Fock auch im Dritten Reich populär. Im Jahr 1934 hatten seine Werke eine Gesamtauflage von 700.000 Exemplaren und seine Texte wurden zum Lesestoff in Schulbüchern.[13]

Laut Günter Benjas 2005 erschienener Biografie des Schriftstellers, Gorch Fock. Poet mit Herz für die See, war Gorch Fock unbestreitbar ein Nationalist, aber kein Rassist oder Antisemit.[14] Reinhard Goltz attestiert Gorch Fock für „rassistisches Sinnpotential … lediglich Ansätze“. „Ausgesprochener Antisemitismus“ zeige sich bei Gorch Fock „nur sehr verstreut“.[15]

Erinnerungskultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Gorch-Fock-Haus in Finkenwerder im Neßdeich 6.[7]
  • Gorch-Fock-Haus in Wilhelmshaven
  • Finkenwerder, Gorch-Fock-Park: Gedenkstein.[7]

Nach Gorch Fock sind in Deutschland folgende Objekte benannt:

Werke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Focks Hamburger Janmooten (Auflage 1918, Glogau Verlag)
  • Schullengrieper un Tungenknieper (Erzählungen, plattdeutsch, 1910)
  • Hein Godenwind de Admirol von Moskitonien (Roman, 1911)[16] – danach benannt das Seebäderschiff Hein Godenwind und die schwimmende Jugendherberge Hein Godenwind
  • Hamborger Janmooten (1913)
  • Seefahrt ist not! (Roman, 1913)[17], Neuauflagen: Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1986, ISBN 3-499-14148-5, Sutton, Erfurt 2013, ISBN 3-89702-930-8,
  • Fahrensleute (1914)
  • Cilli Cohrs (Schauspiel, 1914)
  • Doggerbank (Schauspiel, 1914)
  • Plattdeutsche Kriegsgedichte (1914–1915)
  • Die Keunigin von Honolulu (Schauspiel, 1916)
  • Nordsee (Sammlung von Erzählungen, 1916)
  • Sterne überm Meer. Tagebuchblätter und Gedichte. (1918, postum)
  • Sämtliche Werke, fünf Bände, Hamburg 1925
  • Nach dem Sturm, 19 Erzählungen zum zwanzigsten Todestag, 31. Mai 1936, Hamburg[18]
  • Mit vollen Segeln (Gesammelte Werke), 1941

Verfilmungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hörspiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Datum unbekannt:

Anlässlich seines 70. Geburtstags schrieb Rudolf Kinau das Mundart-Hörspiel Gorch Fock – Söbentig Joahr, welches der NWDR Hamburg unter der Regie von Hans Freundt produzierte und am 19. August 1950 erstmals ausstrahlte. Die Sprecher waren u. a. Arnold Risch, Aline Bußmann, Eduard Marks und Hartwig Sievers.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gorch Fock – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Johann Wilhelm Kinau – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gorch Fock: Das schnellste Schiff der Flotte im Projekt Gutenberg-DE
  2. a b c Eine Passion für Gorch Fock, Hamburger Abendblatt, 14. Januar 2006
  3. Zentraleinkaufsgesellschaft deutscher Kolonialwarenhändler heißt heute EDEKA
  4. Schriftsteller Gorch Fock: Meeresfreund mit Seekrankheit, Einestages, 31. Mai 2016.
  5. Schütt, Seefahrt ist not! S. 117f.
  6. Grabstätte von Gorch Fock auf Stensholmen Abgerufen am 5. Januar 2009
  7. a b c Matthias Gretzschel: Was nach einem Jahrhundert von Gorch Fock bleibt. In: Hamburger Abendblatt, 31. Mai 2016, S. 10. Online
  8. Grab von Gorch Fock bei knerger.de
  9. Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde, Band 19, Museum für Hamburgische Geschichte, 1980 S. 80 books.google.de
  10. Claus Schuppenhauer: Plattdeutsche Klassiker 1850–1950: Wege zur niederdeutschen Literatur, Schuster, 1982, S. 116 books.google.debooks.google.de
  11. Zur Rezeption Gorch Focks, S. 41, in: Friedrich W. Michelsen: Gorch Fock: Werk u. Wirkung, Helmut Buske Verlag, Hamburg, 1984, ISBN 3-87118-659-7, S. 39–52 books.google.debooks.google.de
  12. Landeszentrale für politische Bildung Hamburg: Die braunen Lehrer des schwarzen Schülers (Hans-Peter de Lorent verfasste diesen Text für sein Buch „Täterprofile. Die Verantwortlichen im Hamburger Bildungswesen unterm Hakenkreuz“ Bd. 1. Hamburg 2016, S. 676–700)
  13. Dirk Hempel: „Karger vielleicht als wo anders, schwer abgerungen.“ – Literatur und literarisches Leben. In: Dirk Hempel, Friederike Weimar (Hrsg.): „Himmel auf Zeit.“ Die Kultur der 1920er Jahre in Hamburg. Wachholtz, Neumünster 2010, ISBN 978-3-529-02849-6, S. 82–83.
  14. Günter Benja: Gorch Fock. Poet mit Herz für die See. Sutton, Erfurt 2005, ISBN 3-89702-927-8, S. ?.
  15. Reinhard Goltz: „Auf der Suche nach Identitätsräumen in den Schriften Gorch Focks“, S. 58, in: Friedrich W. Michelsen: Gorch Fock: Werk u. Wirkung, Helmut Buske Verlag, Hamburg, 1984, S. 53–72, ISBN 3-87118-659-7 books.google.debooks.google.de books.google.de
  16. Gorch Fock: Hein Godenwind im Projekt Gutenberg-DE
  17. Gorch Fock: Seefahrt ist not! im Projekt Gutenberg-DE
  18. Gorch Fock: Nach dem Sturm im Projekt Gutenberg-DE