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Führerhauptquartier

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Lage der Führerhauptquartiere

Führerhauptquartier (FHQ) war die allgemeine Bezeichnung für eine Befehlsstelle Adolf Hitlers als Oberbefehlshaber der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges.

Neben dem bekannten Führerhauptquartier Wolfsschanze gab es 17 weitere Führerhauptquartiere im Deutschen Reich und den besetzten Gebieten, die jedoch nicht alle bis zum Kriegsende 1945 fertiggestellt waren. Voraussetzung für einen Ort, der als Führerhauptquartier in Frage kam, war eine gute Verkehrsanbindung (Autobahn, Eisenbahn, Flughafen), eine gute Schutz- sowie Tarnmöglichkeit und die Nähe zur Front.

Es wurde von zwei Kommissionen (eine unter Vorsitz von Generalfeldmarschall Erwin Rommel) geprüft, ob sich bestimmte Orte als Führerhauptquartier eigneten. Für den militärischen Schutz des Führerhauptquartiers war das „Führer-Begleit-Bataillon“ (FBB) zuständig, für den Personenschutz Hitlers das „Führerbegleitkommando“ (FBK) des SS-Reichssicherheitsdienstes (RSD).

Übersicht zu den festen Führerhauptquartieren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Name andere Bezeichnungen Ort Baubeginn fertig Nutzung als FHQ
Adlerhorst Mühle (OT)
Bauvorhaben Z
Lager K
Bauvorhaben C
Langenhain-Ziegenberg (Ortsteil von Ober-Mörlen in der Wetterau) 1. September 1939 ja 10. Dezember 1944–15. Januar 1945 (im Rahmen der Ardennenoffensive)
Anlage Mitte Askania Mitte Tomaszów im Generalgouvernement Polen 1. Dezember 1940 ja nein, nur Industrie (Goldamsel)
Anlage Süd Askania Süd Strzyżów im Generalgouvernement Polen 1. Oktober 1940 ja 27.–28. August 1941[1]
Bärenhöhle keine Smolensk 1. Oktober 1941 ja nein, nur Ausweichquartier Heeresgruppe Mitte
Felsennest W-0 Rodert, nahe Bad Münstereifel Februar/März 1940 ja 10. Mai–6. Juni 1940, September 1944 (Führungsstaffel der 7. Armee) und im Winter 1944/1945 (Heeresgruppe B unter Feldmarschall Walter Model)
Olga keine Orscha, Distr. Wizebsk (200 km NO Minsk) 1. Juli 1943 nein nein
Riese[2] keine Wüstewaltersdorf in Niederschlesien (Eulengebirge) Oktober 1943 nein nein
S III[3] Olga Ohrdruf Herbst 1944 (?) nein nein
Siegfried Hagen Pullach im Isartal (heutiges BND-Gelände)
angrenzend an die Reichssiedlung Rudolf Heß
1943 ja nein
Tannenberg keine Freudenstadt/Kniebis 1. Oktober 1939 ja 27. Juni–6. Juli 1940
Waldwiese keine Glan-Münchweiler 1. Oktober 1939 ja nein
Wasserburg keine Pleskau 1. November 1942 ja nein, Übergabe an Heeresgruppe Nord
Werwolf Eichenhain nahe Winniza 1. November 1941 ja 16. Juli–30. Oktober 1942, 19. Februar–13. März 1943, 27. August 1943
Wolfsschanze Askania Nord Rastenburg 1. Dezember 1940 ja 1941–20. November 1944, anschließend bis 24. Januar 1945 4. Armee
Wolfsschlucht 1 W-1 Brûly-de-Pesche (Belgien) 25. Mai 1940 ja 6.–27. Juni 1940
Wolfsschlucht 2 W-2 Margival 1. September 1942 ja 16.–17. Juni 1944
Wolfsschlucht III W-3 Saint-Rimay, (Montoire-sur-le-Loir) 1. Mai 1942 nein nein
Zigeuner Brunhilde Diedenhofen bei Arsweiler in Lothringen 1. April 1944 nein nein

Der Obersalzberg in Berchtesgaden und die Reichskanzlei (Führerbunker) in Berlin wurden nicht als Führerhauptquartiere bezeichnet.

Kommandanten des Führerhauptquartiers[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1. September 1939 bis 15. Februar 1940: Erwin Rommel (1891–1944)
  • 15. Februar 1940 bis 1. August 1942: Kurt Thomas (1896–1943) (seit 22. Januar 1940 Kommandeur des Führer-Begleit-Bataillons)
  • 1. August 1942 bis 1. September 1944: Gustav Streve (1893–1962)
  • 1. September 1944 bis 8. Mai 1945: Otto Ernst Remer (1912–1997), Kampfkommandant des Führerhauptquartiers; als Kommandeur der Führerbegleitbrigade (später Führerbegleitdivision) Teilnahme an der Ardennenoffensive und Kämpfen an der Ostfront[4]

Propagandistische Inszenierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die „Führerhauptquartiere“ waren nicht nur Anlagen militärischer Zweckmäßigkeit, sondern standen von Beginn an im Zentrum der NS-Propaganda, die das Wort „Führerhauptquartier“ zu einem exklusiven Markenzeichen Hitlers als Oberbefehlshaber der Wehrmacht machte. Um den Hauptquartieren die Aura mythischer Ort von geschichtlicher Bedeutung zu geben, hielt Hitler insbesondere das Oberkommando des Heeres auf räumliche Distanz zu seinen Hauptquartieren. Kombinierte Hauptquartiere, wie es sie etwa in Großbritannien gab, wo politische und militärische Führung unter einem Dach agierten, gab es zwischen 1939 und 1945 in Deutschland nicht.[5]

Während Hitler beim Überfall auf Polen (sowie später im Balkanfeldzug) noch einen Sonderzug als „Führerhauptquartier“ verwendete, bezog er seit Beginn des Westfeldzuges jeweils ortsfeste Anlagen in der Nähe der Front, später im Krieg gegen die Sowjetunion mit der „Wolfsschanze“ und dem „Führerhauptquartier“ in Winniza (Ukraine) zwei Anlagen weit hinter der Front. Über das mobile „Führerhauptquartier“ und seine Frontfahrten in Polen und später in Frankreich berichtete die NS-Propaganda sehr ausführlich. Hitler selbst gab dazu das Auftragswerk Auf den Straßen des Sieges bei Reichspressechef Otto Dietrich in Auftrag, das kurz vor Weihnachten 1939 erschien und zum Bestseller wurde.[6]

Hitler nahm dabei auch Einfluss auf Ortswahl und insbesondere die Ausgestaltung seiner Hauptquartiere. Diese hatten in ihrer Anlage besonders einfach zu sein, da Hitler für die Propaganda das Bild eines asketischen Staatsführers pflegte. Aus diesen Gründen lehnte er bspw. die bereits bezugsfertig ausgebaute Anlage Ziegenberg ab, da er nicht in einem ehemals adligen Herrenhaus residieren wollte.[7] Die am Bau der Anlage beteiligten Architekten Friedrich Classen und Siegfried Schmelcher gaben später Hitlers Ablehnung wie folgt wieder:

„Aber nachdem dieses Hauptquartier […] Millionen von Reichsmark verschlungen hatte […], erklärte Hitler, das Hauptquartier sei für ihn viel zu luxuriös. [...] Die Volksgenossen, die später einmal Wallfahrten zum früheren Führerhauptquartier machen würden [...], würden solchen Luxus niemals verstehen.“[8]

Die Anlagen waren somit von Anfang an auch als Denkmale für die Nachwelt und zum Nachruhm Hitlers als Feldherr gedacht. Das erste ortsfeste Hauptquartier namens „Felsennest“, von dem aus Hitler die entscheidende erste Etappe des Frankreich-Feldzugs bis zum 3. Juni 1940 verfolgt hatte, sollte daher auf Anordnung Hitlers vollkommen unverändert erhalten bleiben. Hitler beauftragte überdies den bekannten Kriegsmaler Ernst Vollbehr damit, seine Hauptquartiere in Frankreich zu malen.[9]

Der Historiker Christoph Raichle schreibt dazu, der enorme Ausbau der „Wolfschanze“ in Ostpreußen im Herbst 1944 habe weniger militärischen Zwecken gedient, sondern sei von Hitler, der bereits die Kriegsniederlage vor Augen gehabt habe, als ein „Bollwerk des Untergangs“ konzipiert worden. Hitler habe so der Nachwelt durch die Ruine, die selbst großangelegten Sprengversuchen widerstand, ein Dokument seines Kampfes gegen den Kommunismus hinterlassen wollen.[10]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Christel Focken: FHQ „Führerhauptquartiere“ Riese (Schlesien), Helios-Verlag, Aachen 2008, ISBN 978-3-938208-63-2.
  • Christel Focken: FHQ „Führerhauptquartiere“ Wolfsschanze (Masuren), Helios-Verlag, Aachen 2008, ISBN 978-3-938208-84-7.
  • Bernd Freytag von Loringhoven/François d’Alançon: Mit Hitler im Bunker. Aufzeichnungen aus dem Führerhauptquartier Juli 1944 – April 1945. Aus dem Französischen von Michael Erbe. Berlin 2005, wjs-Verlag, ISBN 3-937989-14-5.
  • Hans-Josef Hansen: Felsennest – Das vergessene Führerhauptquartier in der Eifel. Bau, Nutzung, Zerstörung. Helios-Verlag, 2., erweiterte Neuauflage, Aachen 2008, ISBN 3-938208-21-X.
  • Hrsg.: Helmut Heiber: Lagebesprechungen im Führerhauptquartier. Protokollfragmente aus Hitlers militärischen Konferenzen 1942–1945, Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv 120/21), München 1963.
  • Ralf Bernd Herden:Der Hofstaat des Führerhauptquartiers (auf dem Kniebis). In: Die Ortenau, 93. Jahresband 2013, S. 443–452.
  • Ralf Bernd Herden: Das „Führerhauptquartier Tannenberg“ auf dem Kniebis. In: Martin Ruch (Hrsg.): Die Ortenau. Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden. 82. Jahresband 2002, Bühl 2002, S. 681–684.
  • Hoffmann, Peter: Die Sicherheit des Diktators. Hitlers Leibwachen, Schutzmaßnahmen, Residenzen, Hauptquartiere. München 1975.
  • Alexander Kuffner: Zeitreiseführer Eifel 1933–1945. Taschenbuch (kurze Beiträge über das Felsennest und Wolfsschlucht) Helios-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-938208-42-7.
  • Christoph Raichle: Hitler als Symbolpolitiker, Kohlhammer, Stuttgart 2014. (Kap. "Führerhauptquartiere", S. 213–243 und Kap. 6 "Wolfsschanze", S. 425–435).
  • Pierre Rhode/Werner Sünkel: Wolfsschlucht 2 – Autopsie eines Führerhauptquartiers, Verlag Werner Sünkel Geschichte+Technik, Leinburg 1993, ISBN 3-930060-81-7.
  • Werner Sünkel/Rudolf Rack/Pierre Rhode: Adlerhorst – Autopsie eines Führerhauptquartiers, Verlag Werner Sünkel Geschichte +Technik, Offenhausen 1998, ISBN 3-930060-97-3.
  • Alfons Schulz: Drei Jahre in der Nachrichtenzentrale des Führerhauptquartiers. Christiana-Verlag, Stein am Rhein. 2. Aufl. 1997. ISBN 3-7171-1028-4.
  • Franz W. Seidler/Dieter Zeigert: Die Führerhauptquartiere. Anlagen und Planungen im Zweiten Weltkrieg. München: Herbig 2000. ISBN 3-7766-2154-0.
  • Herbst 1941 im „Führerhauptquartier“. Berichte Werner Koeppens an seinen Minister Alfred Rosenberg, hrsg. und kommentiert von Martin Vogt, Koblenz 2002. DNB
  • Uwe Neumärker, Robert Conrad, Cord Woywodt: Wolfsschanze, Hitlers Machtzentrale im Zweiten Weltkrieg. Weltbild 2008, ISBN 3-8289-0849-7.
  • Christel Focken: Wolfsschanze – (Ostpreußen) Eine Bild- und Textdokumentation, Helios-Verlag, Aachen 2018, ISBN 978-3-86933-211-6.
  • Christel Focken: FHQ „Führerhauptquartiere“ – Askania 2, Helios-Verlag, Aachen 2020, ISBN 978-3-86933-249-9.
  • Christel Focken: FHQ "Führerhauptquartiere" - S III – Olga & Burg - (Thüringen), Helios-Verlag, Aachen 2021, ISBN 978-3-86933-277-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Führerhauptquartier – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Führerhauptquartier – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Richard Raiber: Guide to Hitler's Headquarters, After The Battle, No. 19, S. 48.
  2. Die Zuordnung zu den FHQ ist strittig, nach Aussagen und Unterlagen von ehemals am Bau beteiligten Organisation-Todt-Ingenieuren des Planungsstabes Schmelcher ist die ursprüngliche Zielsetzung ein FHQ gewesen, welches infolge der Kriegseinwirkungen jedoch nicht mehr seiner Verwendung zugeführt werden konnte.
  3. Die Zuordnung zu den FHQ ist strittig, verwiesen sei auf: Dieter Zeigert: Hitlers letztes Refugium? Das Projekt eines Führerhauptquartiers in Thüringen 1944/45, München 2003
  4. Bundesarchiv (Memento vom 16. Februar 2011 im Internet Archive)
  5. Christoph Raichle: Hitler als Symbolpolitiker. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, S. 221 ff.
  6. Christoph Raichle: Hitler als Symbolpolitiker. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, S. 173 f.
  7. Christoph Raichle: Hitler als Symbolpolitiker. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2015, S. 237 f.
  8. Peter Hoffmann: Die Sicherheit des Diktators. Hitlers Leibwachen, Schutzmaßnahmen, Residenzen, Hauptquartiere. München 1975, S. 207.
  9. Christoph Raichle: Hitler als Symbolpolitiker. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, S. 240 f.
  10. Christoph Raichle: Hitler als Symbolpolitiker. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, S. 431-35.