Klaus Lederer (Politiker)

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Klaus Lederer (2017)

Klaus Lederer (* 21. März 1974 in Schwerin) ist ein deutscher Politiker (PDS, Die Linke). Er war vom 8. Dezember 2016 bis zum 27. April 2023 Bürgermeister von Berlin sowie Senator für Kultur und Europa.[1] Vom 30. Juni 2007 bis 10. Dezember 2016 war er Berliner Landesvorsitzender seiner Partei, nachdem er bereits seit Dezember 2005 Landesvorsitzender der Linkspartei.PDS gewesen war. Er war Spitzenkandidat der Partei Die Linke zur Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses am 18. September 2016, am 26. September 2021 und am 12. Februar 2023.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Jugend und Studium[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lederer wuchs in Frankfurt (Oder) auf und ging dort zur Polytechnischen Oberschule, bis er 1988 mit seinen Eltern nach Berlin-Hohenschönhausen zog. Mit dem Umzug wechselte er zur Heinrich-Hertz-Oberschule in Berlin-Friedrichshain, einer EOS mit mathematisch-naturwissenschaftlicher Ausrichtung, ab 1990 Gymnasium. Diese beendet er 1992 mit dem Abitur. Danach betätigte er sich ein Jahr lang in der Jugendsozialarbeit. Obwohl er auch bekannte, dass er einmal Astrophysiker werden wollte[2] nahm er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin auf, das er 1998 mit der 1. Juristischen Staatsprüfung abschloss. Nach dem Studium leistete er ein Jahr Zivildienst in der Seniorenbetreuung. Danach arbeitete er an seiner Dissertation über die Privatisierung im Wassersektor[3] an der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, wo er 2004 promoviert wurde. Für seine Doktorarbeit erhielt Lederer im Februar 2005 den Carl-Goerdeler-Preis von der Carl und Anneliese Goerdeler-Stiftung Leipzig und dem Deutschen Institut für Urbanistik sowie den John-Desmond-Bernal-Preis der Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg. Im Februar 2006 bestand er das 2. Juristische Staatsexamen.

Partei[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klaus Lederer (2010)

1992 trat Lederer der PDS bei. Für sie gehörte er von 1992 bis 1995 dem Jugendhilfeausschuss des damaligen Bezirks Mitte an. 1995 wurde er Bezirksverordneter und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der PDS im Bezirk Prenzlauer Berg, wohin er inzwischen umgezogen war. Von 1997 bis 2003 war er Mitglied der Bundesschiedskommission der PDS. Im Jahr 2000 wurde er stellvertretender Bezirksvorsitzender der PDS im Bezirk Pankow, 2003 stellvertretender Landesvorsitzender.

Im Dezember 2005 löste Lederer Stefan Liebich als Landesvorsitzender der Linkspartei.PDS ab. Auf dem Landesparteitag erhielt er knapp 90 Prozent der Stimmen. Im Juni 2007 wurde er mit knapp 80 Prozent der Delegiertenstimmen zum ersten Landesvorsitzenden des neu gegründeten Berliner Landesverbandes der Partei Die Linke gewählt. Im Dezember 2008 wurde er mit 73 Prozent der Stimmen als Vorsitzender bestätigt. Umstritten war sein Auftritt auf einer Solidaritätskundgebung für Israel am 11. Januar 2009[4] aus Anlass des Gazakrieges. Die Kommunistische Plattform der Linkspartei kritisierte den Redebeitrag in einem offenen Brief.[5] Zu den Bundestagswahlen 2009 und 2013 trat Lederer als Direktkandidat im Bundestagswahlkreis Berlin-Mitte an, konnte aber kein Bundestagsmandat erreichen.

Innerhalb der Partei arbeitet Lederer im Forum demokratischer Sozialismus mit und ist seit 2012 Mitglied des Bundesvorstands.

Öffentliche Ämter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lederer zusammen mit Katina Schubert am Wahlabend (2021)

Seit 2003 ist er Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, wo er zunächst als Nachrücker den Platz von Harald Wolf einnahm, der zum Jahreswechsel 2002/03 Wirtschaftssenator in Berlin geworden war. Lederer war rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion und Mitglied des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung.

Mit Antritt des rot-rot-grünen Senats am 8. Dezember 2016 übernahm Lederer das Amt des Bürgermeisters und Kultur- und Europasenators in der von Michael Müller (SPD) geführten Landesregierung. Er hatte das Amt ab dem 21. Dezember 2021 auch im Senat Giffey inne. Im Zuge der Bildung des Senats Wegner Ende April 2023 schied er aus dem Amt aus.

Privates[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lederer lebt in Prenzlauer Berg, ist Mitglied der Initiative Queer Nations[6] und nahm im Zuge der Queer-Nations-Konferenz 2007 an der Parada Równości in Warschau teil.[7] Mit der am Prenzlauer Berg beheimateten A-cappella-Combo Rostkehlchen trat er mehrmals auf und produzierte im Jahr 2002 eine CD, wo er als Tenor Lieder der DDR-Punk-Band Feeling B im Stil der Zwanziger Jahre einspielte.

Am 5. Juni 2009 ist er mit seinem langjährigen Lebensgefährten eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) eingegangen.[8] Im August 2018 wandelten beide diese nach § 20a LPartG in eine Ehe um.[9]

Kontroversen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kontroverse um Andrej Holm[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem Andrej Holm Anfang Dezember 2016 auf Vorschlag der damaligen Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen Katrin Lompscher (Die Linke) zum Staatssekretär für Wohnen im Senat von Berlin berufen worden war[10] und besonders von Hubertus Knabe[11][12] öffentlich kritisiert worden war, dass Holm seine frühere Tätigkeit als Hauptamtlicher Mitarbeiter beim MfS der Humboldt-Universität und der Öffentlichkeit verschwiegen hatte,[13][14] distanzierte sich Lederer vorsichtig von Holm.[15]

Kontroverse um Hohenschönhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Kultursenator ist Lederer auch Vorsitzender des Stiftungsrats der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen.[16] Im September 2018 wurde der Historiker Hubertus Knabe als deren Direktor vom Stiftungsrat einstimmig gekündigt und von seinem Amt freigestellt, da dieser Vorwürfen gegen seinen Stellvertreter wegen übergriffigen Verhaltens und sexueller Belästigung nicht glaubwürdig nachgegangen sein soll.[17] Knabe bestritt die Anschuldigungen und erhob Klage gegen seine Entlassung.[18] Drei Mitglieder des Stiftungsbeirates traten aufgrund der Kündigung aus Protest zurück.[19] Eine von Knabe erwirkte Einstweilige Verfügung des Berliner Landgerichtes gegen die Freistellung wurde am folgenden Werktag wieder außer Vollzug gesetzt. Die CDU war in der Angelegenheit gespalten: Während der ehemalige DDR-Bürgerrechtler und Bundestagsfraktionsvize Arnold Vaatz Lederers Rücktritt forderte, wünschte sich Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft und Mitglied im Stiftungsrat, „dass diejenigen in der Union, die sich für Herrn Knabe engagieren, mit der Hälfte dieses Engagements auch die Interessen von tausenden SED-Geschädigten zur Kenntnis nehmen“ würden.[20] Sven Felix Kellerhoff von Die Welt bezweifelte die Rechtsstaatlichkeit von Lederers Handeln und fühlte sich an den „Stalinismus“ erinnert.[21] Alexander Fröhlich wertete im Tagesspiegel den Vorgang nicht als „späte Rache des alt-kommunistischen Milieus“, sondern würdigte Knabes Verdienste um die Gedenkstätte einerseits, hielt ihm aber andererseits Scheitern bezüglich der Belästigungsvorwürfe vor.[22] Im Dezember 2018 einigten sich Knabe und der Stiftungsrat auf einen Vergleich.[23] Der Journalist Gunnar Schupelius warf Lederer wegen dieses Vorfalls vor, aggressiv gegen die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit vorzugehen.[24] Der vom Berliner Abgeordnetenhaus hierzu eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuss stellte in seinem Abschlussbericht vom 18. August 2021 mit den Stimmen der Regierungsfraktionen gegen die Vertreter der Opposition fest, dass die Entlassung Knabes weder politisch motiviert gewesen noch auf eine „Intrige“ Lederers zurückzuführen gewesen sei.[25]

Entwicklung des Checkpoint Charlie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Lederer kündigte im August 2018 an, dass gemäß dem Koalitionsvertrag in einem geplanten Bürogebäude am Checkpoint Charlie ein Museum über die Zeit der deutschen Teilung und des Kalten Krieges entstehen solle.[26] Nachdem Alexandra Hildebrandt, die Leiterin des dort privat betriebenen Mauermuseums, in Bezug auf das Vorhaben über den Twitteraccount des Museums Lederers Rücktritt forderte und ihn als Kommunisten bezeichnete, dessen Partei Hildebrandts Mitstreiter im Kalten Krieg „erschossen und exekutiert“ habe, blockte Lederer das Museum auf seinem Twitterkanal unter Bezug auf die Netiquette.[27]

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Hans-Dieter Schütt: Klaus Lederer – Die Sterne über Berlin, Berlin 2021.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Klaus Lederer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Meldung, Leipziger Volkszeitung, 17. November 2016, S. 11
  2. taz-Interview 2024, abgerufen 20. April 2024
  3. Klaus Lederer: Strukturwandel bei kommunalen Wasserdienstleistungen: eine Untersuchung aus verwaltungswissenschaftlicher Perspektive. BWV, Berliner Wiss.-Verl, Berlin 2004, ISBN 978-3-8305-0851-9 (dnb.de [abgerufen am 1. November 2020]).
  4. “Rede von Klaus Lederer, Die Linke” Jüdische Gemeinde Berlin, 15. Januar 2009
  5. “Offener Brief an Klaus Lederer” Kommunistische Plattform, Februar 2009
  6. Klaus Lederer - Persönliches - Mitgliedschaften (Memento vom 25. Oktober 2007 im Internet Archive), Aufruf: 5. Juni 2008
  7. Presseaussendung: Gegen Homophobie - in Deutschland und überall! (Memento vom 22. September 2007 im Internet Archive), pds-queer.de, 17. Mai 2007, International Day Against Homophobia
  8. „Linke-Chef sagt JA zu seinem Oskar“ Berliner Kurier, 6. Juni 2009
  9. GGG.at: „Heimlich, still und leise“: Berliner Kultursenator Klaus Lederer hat geheiratet
  10. Staatssekretär für Wohnen Dr. Andrej Holm (Memento vom 31. Dezember 2016 im Internet Archive), Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, abgerufen am 31. Dezember 2016.
  11. Die Stasi-Akte Andrej Holm. In: B.Z. 12. Dezember 2015.
  12. Die Kaderakte Andrej Holm als PDF
  13. Kevin Hagen: Designierter Berliner Staatssekretär Holm: Der Problempolitiker. In: Spiegel Online. 12. Dezember 2016, abgerufen am 12. Januar 2017.
  14. Andreas Abel: Entscheidung im Januar im Fall Andrej Holm. In: Berliner Morgenpost. 22. Dezember 2016, abgerufen am 12. Januar 2017.
  15. Ann-Kathrin Hipp, Antje Sirleschtov, Werner van Bebber, Stefan Jacobs: Stasi-Vergangenheit von Berliner Staatssekretär. Klaus Lederer markiert die rote Linie im Fall Holm. In: Der Tagesspiegel. 16. Dezember 2016.
  16. Webseite Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (14. Oktober 2018)
  17. Senatsverwaltung für Kultur und Europa: Ergebnis der Stiftungsratssitzung Gedenkstätte Hohenschönhausen, Pressemitteilung vom 25. September 2018
  18. Alexander Fröhlich: Hubertus Knabe klagt gegen seine Entlassung., Tagesspiegel, 11. Oktober 2018.
  19. Alexander Fröhlich: Beiratsmitglieder treten aus Protest gegen Knabe-Rauswurf zurück, Tagesspiegel, 10. Oktober 2018.
  20. Jochen Gössmann: „Kriminelle Energie!“ CDU-Vize fordert Rücktritt von Lederer, in: B.Z. vom 29. November 2018.
  21. Sven Felix Kellerhoff: Der Umgang mit Knabe ist Stalinismus pur. In: Die Welt. 29. November 2018, abgerufen am 18. Dezember 2018.
  22. Alexander Fröhlich: Hubertus Knabe ist an sich selbst gescheitert. In: Der Tagesspiegel. 26. September 2018, abgerufen am 5. Dezember 2018.
  23. Stasi-Gedenkstätte und Knabe einigen sich. In: Deutschlandfunk. 16. Dezember 2018, abgerufen am 18. Dezember 2018.
  24. Senator Lederer beweist, wie viel SED noch in der Linkspartei steckt. In: B.Z. 5. Oktober 2020, abgerufen am 6. Oktober 2020.
  25. Abschlussbericht des 3. Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin – 18. Wahlperiode – zur Aufklärung der Ursachen, Konsequenzen und der Verantwortung für Fehlentwicklungen an der „Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen“ in der 17. und 18. Wahlperiode des Abgeordnetenhauses von Berlin. Drs. Nr. 18/2040. 18. August 2021;. einschließlich der Sondervoten der Fraktionen von CDU und FDP sowie der AfD-Fraktion
  26. Lorenz Vossen: Senator Lederer will ein Museum über die Teilung Berlins, in: Berliner Morgenpost vom 11. August 2018
  27. Kultursenator Lederer sperrt das Mauermuseum auf Twitter, in: B.Z. vom 27. August 2018